Wir verstehen Komplementärmedizin als eine medizinische Fachdisziplin im Sinne einer integrativen Medizin, die alle geeigneten therapeutischen und präventiven Ansätze berücksichtigt, gleich, ob diese aus der konventionellen oder Komplementärmedizin stammen. Im Mittelpunkt steht immer der individuelle Patient, für den es die beste Therapie zu finden gilt.
In der Komplementär- und Phyto-Arzneimittel-Verordnung (KPAV) des Heilmittelgesetzes (HMG) wird genau definiert, was als komplementärmedizinisches Arzneimittel definiert werden darf. So gibt es die Phytoarzneimittel, die homöopathischen, spagyrischen und anthroposophischen Arzneimittel, die traditionell chinesischen Arzneimittel (TCM), die Schüsslersalze und die Arzneimittel der Gemmotherapie.
Die Komplementärmedizin ist geprägt von einer achtsamen und respektvollen Haltung. Sie fördert die Ressourcen und die Autonomie des erkrankten Individuums (Mensch, Tier, Pflanze). Sie behandelt den Erkrankten in seiner Ganzheit, nicht die Krankheit als isoliertes Geschehen. Daher wirkt sie nachhaltig. Sie schont die Umwelt und kommt ohne Tierversuche aus.
Die Ärztevereinigung FMH und das Institut FPH von PharmaSuisse erteilen in diversen Fachrichtungen der Komplementärmedizin Fähigkeitsausweise (FA). So gibt es einen FA FMH in Homöopathie, in Phytotherapie und TCM und einen Fähigkeitsausweis FPH in klassischer Homöopathie, Phytotherapie, und anthroposophisch erweiterter Pharmazie. Die Die Akademische Gesellschaft für Homöopathie und Komplementärmedizin (AGHK) strebt mittelfristig in Zusammenarbeit mit der FG KmPhyto einen FA in Komplementärmedizin an.
Die Anwendung von komplementärmedizinischen Methoden hat in unserem Land eine lange Tradition: Paracelsus gilt als Pionier einer ganzheitlichen Betrachtung der Patientinnen und Patienten sowie der Integration der vielen überlieferten Heilpflanzenrezepte in die damalige konventionelle Medizin.
Am Beispiel der Kamille (Chamomilla recutica) lässt sich die vielfältige Anwendung einer Pflanze in den diversen Fachrichtungen der Komplementärmedizin eindrücklich illustrieren.
Wer kennt ihn nicht den Kamillentee? Von der Mutter zubereitet, wenn wir als Kinder über Bauchweh klagten. Die getrockneten Kamillenblüten werden mit heissem Wasser aufgegossen und es entsteht dabei das «einfachste» Phytotherapeutikum mit krampflösender Wirkung. Weil aber ein Tee nur ein paar Stunden haltbar ist, werden schon seit mehreren hundert Jahren Pflanzen mit Ethanol (Weingeist) mazeriert und es entsteht so eine Tinktur, bzw. eine Urtinktur, wenn mit frischem Pflanzenmaterial gearbeitet wird. Die Kamillentinktur wird für Wundbäder verwendet und wirkt entzündungshemmend. Aus den Kamillenblüten können aber auch die wertvollen ätherischen Öle extrahiert werden. Dieses kostspielige, königsblaue Chamzulen hat entzündungshemmende und krampflösende Eigenschaften. Die Kamille hat aber auch in der homöopathischen Therapie einen grossen Stellenwert. Als Globuli verabreicht helfen sie u.a. bei der Linderung der Schmerzen und des Fiebers beim Zahnen und wirken beruhigend. Aus der Kamille werden zudem spagyrische Essenzen, u.a. zur Entspannung bei Gereiztheit, und anthroposophische Arzneien, u.a. bei Entzündungen der Haut und der Schleimhäute, hergestellt. Einzig bei den Schüsslersalzen (rein mineralisch) und in der Gemmotherapie (aus Knospen, die hier fehlen) findet die Kamille keine Anwendung.
Die Herstellung komplementärmedizinischer Arzneimittel untersteht den gleichen strengen Gesetzen, Verordnungen und den GMP-Richtlinien, wie alle anderen Arzneien auch. Hersteller komplementärmedizinischer Arzneien unterstehen einer strengen Inspektionspflicht der Swissmedic, dem Schweizerischen Heilmittelinstitut.
Die Homöopathie (griech. homoios=ähnlich, pathos=Leiden) ist eine auf Erfahrung beruhende, eigenständige Therapiemethode, die Ende des 18. Jahrhunderts vom deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755.1843) entwickelt wurde. Sie beruht auf drei Grundprinzipien
Die Homöopathie kann sowohl bei akuten wie bei chronischen Krankheiten eingesetzt werden. Es steht nicht die Krankheit, sondern der Mensch als Ganzes mit seinem Krankheitserleben und den Symptomen im Mittelpunkt. Krankheit ist nach Auffassung der Homöopathie in ihrem Wesen nicht erkennbar, sondern eine Störung der Lebenskraft, die den ganzen Menschen erfasst. Fieber, Schmerz, Allergien etc. sind lediglich Symptome der Störung.
Die Homöopathie ist eine Heilkunst. Anhand der Gesamtheit der Krankheitssymptome und der individuellen Manifestation der Krankheiten wird das für die Patientin/den Patienten passende Mittel gesucht und verabreicht. Damit können Selbstheilungsprozesse angestossen werden. Je nach Umständen kann die Homöopathie komplementär oder anstelle der Schulmedizin angewendet werden.
Die homöopathischen Arzneien sind meist stark verdünnt und werden als Globuli oder Tropfen angewendet. Das richtig ausgewählte homöopathische Mittel befähigt den Organismus auf krankmachende Reize der Umwelt ausgleichend zu reagieren. Es heilt sicher, sanft und schnell. Es erfüllt damit die WZW-Kriterien: wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich. Weiterlesen (Klick zu Studie)
Die Gemmotherapie macht das „Lebendigste“ der Pflanzen – nämlich die Knospen und Triebspitzen von Bäumen und Sträuchern – für den Menschen nutzbar. In ihnen ist die Kraft und die Vitalität verborgen, die eine Pflanze wachsen, sich entfalten, regenerieren und verjüngen lässt.
Diese Vitalität für den Menschen zu nutzen, war das Ziel des Entdeckers der Gemmotherapie, Dr. Pol Henry. Die aus Belgien stammende Therapieform ist in Frankreich und der Schweiz schon länger bekannt. Seit der Aufnahme im Europäischen Arzneibuch etabliert sie sich jetzt in weiteren Teilen Europas.
Die Arzneimittel der Gemmotherapie unterstützen den Organismus bei der Wiederherstellung des Gleichgewichts. Sie helfen Schadstoffe auszuleiten und gestörte Funktionen zu harmonisieren. Sie nehmen Einfluss auf die Bildung der Bluteiweisse und stimulieren so die Immunabwehr.
Die Arzneimittel werden ausschliesslich aus frischen Pflanzenknospen hergestellt – Gewebe, das sich in der Vermehrung befindet und damit reich an pflanzlichen Wachstumsfaktoren ist.
Spagyrik (griech. spao=trennen und ageiro= zusammenführen) ist ein uraltes, ganzheitliches Naturheilverfahren. Die besondere Art der Arzneimittelherstellung hat ihre Wurzeln in der vorchristlichen Zeit. In der Spagyrik werden die Wirkstoffe aus Pflanzen auf eine besondere Weise getrennt, bearbeitet und dann wieder zusammengeführt.
Paracelsus (1493–1541) bezeichnete als einer der ersten die Spagyrik als angewandte Form der Alchemie zur Herstellung von Arzneimitteln. Rund 200 Jahre später war es dann der in der Homöopathie erfahrene Arzt Carl Friedrich Zimpel, der mit seinen Studien und Versuchen die heutige Spagyrik mitbegründete.
Durch die spezielle Art der Herstellung erhalten die Essenzen eine Dynamik, die im Körper Heilungsprozesse in Gang setzen und das Selbstheilungspotential des Körpers anregen kann. Spagyrika unterdrücken nicht die natürlichen Abwehrreaktionen des Körpers (z.B. Fieber), sondern fördern die Wiederherstellung des natürlichen Gleichgewichts. Dadurch helfen sie, Krankheiten zu überwinden und nicht nur zu verdrängen. Sie können die Vitalkraft des Organismus gezielt stärken, die Entgiftung des Körpers ankurbeln, und führen so zu einer spürbaren Entlastung des Stoffwechsels. Sie können dabei sowohl als eigenständige sanfte Therapie aber auch als Begleittherapie, zum Beispiel einer homöopathischen oder konventionellen Behandlung, eingesetzt werden.
Unter Biochemie versteht man zum einen den Wissenschaftszweig in der Medizin und Biologie, der sich mit den chemischen Abläufen in lebenden Organismen (einschliesslich des Menschen) beschäftigt und zum anderen die Mineralsalzlehre nach Dr. Schüssler. Die Lehre der stofflichen Zusammensetzung und ihrer Änderungen geht von der Körperzelle und ihrer Umgebung aus. Die Zelle bildet bei allen Lebewesen das kleinste Organ. Die Lebensfähigkeit dieser Organe ist durch eine Vielzahl chemischer Prozesse und Reaktionen bedingt. Dabei spielen die sogenannten anorganischen Bestandteile (Minerale, Metalle) eine steuernde Rolle. Der Begründer der biochemischen Heilweise, Dr. med. Wilhelm Heinrich Schüssler, vermutete den Zugang für das Verständnis vieler Krankheiten in den Abläufen der Zellen. Daraus entwickelte er seine Mineralsalztherapie, die heute unter der Bezeichnung «Biochemie Dr. Schüssler» weltweit anerkannt ist und eine vielseitige, erfolgreiche Anwendung findet.
Schüssler Salze sind Präparate aus Mineralsalzen in potenzierter Dosierung. Sie werden durch Verreibung hergestellt. Schüßler Salze sind Funktionsmittel und helfen dabei, die Aufnahme der Mineralien in die Zellen zu erleichtern.
In der Phytotherapie werden erkrankte Menschen mit verschiedenen Zubereitungen von Arzneipflanzen behandelt. Neben dem überlieferten traditionellen Wissen über die Wirkungsweise von Arzneipflanzen stehen aktuelle, mit modernsten Methoden gewonnene Erkenntnisse über ausgewählte Arzneipflanzen und ihre Wirkungen auf den Menschen sowie ihre pharmakologischen Wirkmechanismen zur Verfügung. Die arzneilich verwendeten Pflanzen oder Pflanzenteile stellen immer komplexe Vielstoffgemische dar, werden aber als stoffliche Ganzheit betrachtet und gebraucht. Deshalb besitzen pflanzliche Arzneimittel eine pharmakologisch breite Wirkung und eine entsprechend breite Wirksamkeit, die im Allgemeinen nicht auf einen pharmakologisch klar definierten Wirkmechanismus allein, sondern immer auf mehreren Wirkmechanismen beruhen. Die Phytotherapie zeichnet sich durch eine hohe Arzneimittelsicherheit aus, da bei sinnvoller und korrekter Anwendung Nebenwirkungen selten sind. Somit trägt eine kompetente phytotherapeutische Beratung zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit sowie des individuellen Wohlbefindens und ganz allgemein auch zur Senkung der Kosten im Gesundheitswesen bei
Siehe auch www.smgp.ch
Die Anthroposophische Medizin entstand Anfang des 20. Jahrhunderts als eine Erweiterung des konventionellen medizinischen Systems. Ihr liegt das Zusammenspiel von körperlichen, seelischen und geistigen Charakteristika des Menschen zu Grunde. Sie berücksichtigt in Diagnose und Behandlung neben den messbaren Befunden des erkrankten Menschen auch sein allgemeines Befinden und seine individuelle Lebenssituation. Ziel der Anthroposophischen Medizin ist es, die gesundenden Kräfte des Menschen zu aktivieren, seine Selbstheilungskräfte zu unterstützen und so den Krankheitsprozess zu beeinflussen.
Die Anthroposophische Medizin wird heute in weltweit über 40 Ländern praktiziert. Die holländische Ärztin Dr. Ita Wegman (1876 bis 1943) entwickelte in Zusammenarbeit mit Dr. Rudolf Steiner (1861 bis 1925), dem Begründer der Anthroposophie, Anfang des vergangenen Jahrhunderts das integrative Konzept dieser besonderen Medizin.
Für weitere Informationen siehe www.vaeps.ch oder www.vaoas.ch